England
22.5.2013, Mittwoch, Penzance / GB
Eine Woche lang keine Berichte, aber es war auch eine lange Strecke bis an den südwestlichen Zipfel an der englischen Kanalküste, Stichwort „Land's End“. Penzance ist der letzte englische Hafen, bevor es Richtung
Irland geht. Ich habe die Strecke in mehreren Tages- und teils Nachtfahrten hinter mich gebracht, und hier die Details:
16.5.2013, Donnerstag, Ramsgate. Ablegen um Mittag, es geht durch die Nacht auf Freitag, Freitag Nacht ankern an der Südwestspitze der Isle of Wight (50 35'39''N, 1 20'30''W).
10:00 Ankerauf, abends bei Swanage in der Bucht geankert (50 36'46''N, 1 57'10''W). Es sind etliche Bojen da, habe zwei untersucht, ob sie zum Festmachen taugen, aber lauter „Klump“, Erinnerungen an Ginostra werden wach dabei, ich verlasse mich dann doch lieber auf meinen eigenen Anker.
Ankerauf um Mittag, vorher einfach kein Wind. Und das bisschen, das jetzt weht, lockt mich nur aus der Bucht, um mich dann draußen zu verlassen – ärgerlich. Erst abends geht der richtige Wind, den ich dann auch durch die Nacht nutze. Montag Abend bin ich zum Ankern am Eingang des „Fjords“ von Salcombe. Ich fahr' gar nicht lange rein, müsste ich morgen bloß wieder rausfahren! Für die im Augenblick herrschenden Westwinde ist die kleine Bucht westlich direkt am Eingang ausreichend geschützt (50 12'44''N, 3 46'57''W), falls der Wind drehen sollte, sollte ich sowieso aufbrechen!
Wieder lockt mich der Wind aus meiner Bucht, um erst Stunden später draußen wirklich brauchbar zu werden. Und wieder einmal geht’s durch die Nacht. Morgens dann kommt der Wind aus Norden, und da muss ich natürlich hin, hoch in die „Mounts Bay“, eben nach Penzance. Die Entscheidung, ob motoren oder segeln, wird mir abgenommen, indem sich die Genua- Schot vom Genua- Segel löst. Das Schotauge flattert lustig in 3 Meter Höhe, und ich weiß erst mal nicht, was tun, wie da hinkommen bei dem Geschaukel bei ca. 3 Bft. Wind. Mit Motorhilfe und Autopilot das Schiff erst mal in Windrichtung gestellt, und bei halb ausgerolltem und wild flatterndem Segel kann ich grad so eine Leine einfädeln, mit der sich das Segel, ganz aufgerollt, sich selbst einwickelt und dann nicht mehr flattern kann. Bin ganz schön frustriert darüber, einmal, wieso sich mein kunstvoller Bändsel- Knoten, mit dem ich die Schot mit dem Segel verbunden hatte, gelöst hat, und auch, weil ich zum wirklichen Reparieren Windstille brauche, damit ich eben diese Schot mit dem Segel wieder verbinden kann, dann mit einem hoffentlich brauchbarerem Knoten! (Da werden jetzt einige „Nichtsegler“ „Bahnhof“ verstanden haben !). Das ist übrigens DIE Schot (von der Funktion her), die ich schon in der Schraube hatte – ich hoffe, irgendwann werden wir beide doch noch Freunde! Klar sind's meine Fehler, aber muss die Schot das immer schamlos ausnutzen?! Letztendlich kann ich ohne diesem Segel eh' nicht aufkreuzen, also bleibt nur der Motor. Gegen den immer stärker werdenden Gegenwind (am Schluss 5 Bft.) geht’s nur mühsam Richtung Hafen. Ich möchte in das sogenannte „Wet Dock“, das ist ein Hafenbereich, der mit einer Schleuse vor dem Trockenfallen geschützt wird. Das ist dann tatsächlich ein Hafen und keine Marina, wo jeder „seinen“ Liegeplatz hat. Hier bin ich das sechste Schiff im Päckchen (50 07'00''N, 5 31'48''W – wie gesagt, ich bin 5 Schiffe weit weg vom Kai!). Wenn ich an Land will, darf ich erst über die anderen drüberklettern. Strom gibt’s nur gegen Bezahlung, und Wasser per Kanister, brauch' ich aber beides nicht. Beim Preis macht sich dies auch bemerkbar, kostet locker nur die Hälfte wie eine richtige Marina, jede dritte Übernachtung ist sogar frei. Und interessant ist's auch: überall wird geschweißt, gehämmert, gesägt und gestrichen, es sind viele wirklich alte Schiffe hier, und die Wartung wird eben mit dem Alter immer intensiver. Allerdings wundere ich mich bei einigen, wieso sie eigentlich noch schwimmen bei ihrem Zustand.
Bei einem ersten kurzen Rundgang durch den Ort bleib' ich gleich an
einem Cafe hängen, aus meinem Gedanken, schnell einen Kaffee zu trinken, ist dann ein Fish'n' Chips- Essen geworden, sehr lecker. Ich erfahre, dass dieses Cafe in einem Film vorkommt, und deshalb viele Deutsche da
einkehren. Wie der Film heißt, können sie mir nicht sagen, sie wollen mir den Titel aber mailen.
Neben dem „Schot- Malheur“ habe ich auf diesem Trip noch mein Seglercap versenkt, und festgestellt, dass die Gummi- Bugrolle, worüber die Ankerkette läuft, kaputt ist. Habe die von der anderen Seite einstweilen
eingebaut, jetzt geht das Ankeraufholen direkt leicht, diese Rolle war offenbar schon länger defekt, und keiner hat's gesehen. Jetzt habe ich mich wirklich beeilt, durch den englischen Kanal zu
kommen, aber die erhoffte Belohnung, zügig nach Irland weitersegeln zu können, bleibt mir verwehrt: mindestens zwei Tage Nordwind mit bis zu 8 Bft., das muss ich erst vorbeiwehen lassen.
Ein paar Daten: zurückgelegte Seemeilen dieses Reiseabschnitts: 378, Motorstunden: 15,7, 3 Übernachtungen vor Anker. Gefühlt alles Am-Wind-Kurse, wie war gleich nochmal die Segelstellung für raumen Wind ???
Jetzt freu' ich mich schon auf Irland, und vor allem auf das Treffen mit den Rinser's, das ja doch noch klappen sollte. Der Verzögerung im April sind halt die ganzen touristischen Besuche an der Südküste Englands zum Opfer gefallen, und im Grunde hinke ich meinem ursprünglichem Zeitplan immer noch mindestens eine Woche hinterher. So ist das Seglerleben: immer hat man mit Unwägbarkeiten zu tun! Nach den neusten Wetteraussichten sollte ich am Samstag morgen starten, da sollten 2, 3 Tage lang günstige Winde vorherrschen, ich werde mich
mal überraschen lassen! Reine Segelzeit (günstiger Wind vorausgesetzt) ca. 50 Stunden. Und zum Verlassen des „Wet Dock“ muss ich auch noch die Schleusenzeiten beachten, das kann schon mal 02:30 morgens sein (gähn)!
Bilder: Weiße Klippen von Dover, Schiffs- Gedränge vor Dover, Seezeichen vor der Isle of Wight, Sonnenuntergang, im Hafen von Penzance.
15.5.2013, Mittwoch, Ramsgate / GB
Ahoi an Alle!
Um's vorwegzunehmen: nennenswertes ist diesmal nicht passiert. Ablegen in Lowestoft am Samstag, den 11.5.2013 um 10:15, Ankunft in Ramsgate am Sonntag, den 12.5.2013 um 18:20. Seemeilen: 130, augenblickliche
Position: 51 19'41''N, 1 25'13''E, Royal Harbour Marina. Ramsgate ist
übrigens der einzige „royale“ Hafen in England.
Aber a bissl was passiert ja doch immer. Ich bin, weil ich's schon
nimmer erwarten konnte, zu früh los, und habe tatsächlich noch immer den
„alten“ Südwind erwischt, der ja erst ab Mittag drehen soll(te!).
Gedreht hat er dann gegen Abend, so bin ich mehr hin- und hergesegelt,
als dass ich Richtung Süden gekommen wäre. Aber durch die ganze Nacht
hat der gewünschte Westwind geweht, mit 4 – 5 Beaufort, die
Windsteueranlage hat mir die Steuerarbeit abgenommen, so muss ich nur
noch aufpassen, dass ich niemanden zu nahe komme. Weil's gar so schön
dahingeht am Sonntag Mittag, denke ich mir, fährst doch bis Dover
weiter. Diesmal hat sich aber der Wind an die Vorhersage gehalten und
ist wieder auf Süd zurückgedreht, und zwar richtig mit 6 Beaufort, so
dass ich am Schluss froh war, dass ich nicht am Ramsgate vorbeigeweht
wurde. Jetzt haben wir bereits Dienstag und immer noch bläst es mit 7 –
8 Beaufort aus Süden, laut Vorhersage kann ich frühestens am Donnerstag
Mittag weiter, ab dann soll's Nord- und Nordostwinde geben, das wäre
ideal. Einen Ruhetag hätte ich mir sowieso gegönnt, war doch eine etwas
holprige Fahrt hierher, aber 3 Tage?. Auf der anderen Seite gab's was zu
tun: am Vorsegel haben sich zwei Risse gebildet, ein Segelmacher hier am
Kai hat das wieder repariert, ein Mastrutscher am Großsegel ist
gebrochen, den konnte ich mit Bordmitteln ersetzen und beinahe hätte ich
einen Schäkelbolzen am Seilzug der Windsteueranlage verloren. Das war
Anlass, mal alle erreichbaren Schäkel zu kontrollieren. Außerdem habe
ich einen weiteren Haltegriff in der Navigationsecke montiert und
endlich den Rauchmelder an die Decke geschraubt. Nicht zu vergessen, an
Deck an Backbord und Steuerbord jeweils ein Gurtband zum Einpicken bei
rauer See gespannt.
Gestern Nachmittag war ich eingeladen auf's Nachbarboot, zum Wein, jaja, am Nachmittag! Die 3 Mann aus Ipswich warten auch auf Wetterbesserung, der Älteste von denen ist 83 Jahre!
Ein paar Plätze weiter liegt eine Yacht mit gebrochenem Mast. Wie ich erfahren konnte, hat die an einer Vorentscheidungsregatta für das berühmte Fastnet- Race teilgenommen, von Holland aus über den Kanal, da war wohl der Wind stärker als das Material. Was mich wundert, ist, dass die die ganzen Mastteile mitgebracht haben. Bei Starkwind oder Sturm stelle ich mir das ganz schön schwierig vor, die Segel von den Mastteilen wegzubringen und diese Teile aus dem Wasser zu bekommen. Die Gefahr dabei ist ja, dass ein Maststummel im Wellengeschaukel die Bordwand beschädigt und Wasser ins Schiff kommt. Alle Wanten sind abgeschnitten, die Reling verbogen, hoffentlich hat sich keiner von der Crew verletzt.
Morgen soll's endlich die richtigen Winde geben, bin mal gespannt. Angeblich sogar mehrere Tage lang, ich werde dann solange segeln, bis der passende Wind wieder weg ist. Vielleicht komme ich endlich ein gutes Stück weiter, dieser Rhythmus von 1 Tag Segeln und dann tagelang im Hafen abwarten ist nicht geeignet, vorwärtszukommen, man hat ja nicht ewig Zeit!
War hier auf der Suche nach einer Dichtung für meine Küchenluke, aber so ein simples Teil wie eine einfache runde „Moosgummidichtschnur“ ist nicht aufzutreiben, leider.
Diesen Bericht werde ich morgen bei einem Frühstück in einem Internet-
Cafe wegschicken, hat diesmal etwas gedauert, so ohne WLAN in der Kajüte.
Ausdrücklich möchte ich mich ein weiteres Mal für die zahlreichen
E-Mails bedanken, die bei jedem Kontakt mit dem Internet eintrudeln –
bin immer wieder gespannt, wer was schreibt! Wie Ihr andererseits
vielleicht schon bemerkt habt, tu' ich mich leider schwer mit der
individuellen Beantwortung. Das ist keineswegs böse Absicht, sondern,
ich geb's zu, schon Faulheit meinerseits, aber ich habe die Hoffnung in
dieser Sache für mich noch nicht aufgegeben! Und ich hoffe, Ihr
Schreibenden schreibt mir weiterhin, ich versorge dafür die Homepage mit
Berichten.
So, für das, dass nichts nennenswertes passierte, ist es doch viel Text geworden, aber Schluss jetzt, sonst wird’s noch ein Buch.....
9.5.2013 Lowestoft / GB
6.5.2013, Montag, Marina De Zeilhoek.
Jurre, mein Mechaniker, war früh gleich da, um seine Arbeit nochmals zu checken, fand aber alles in Ordnung. Das Wetter passte auch noch bis England, also nichts wie los! Für diesen Tag war das Durchfahren von Markermeer, die Schleuse bei Lelystad zum Ijsselmeer, durchs ganze Ijsselmeer und ankern vor der Schleuse bei Den Ouver vorgesehen, und alles klappte perfekt, sogar die Schleusenfahrt, die ich ja zum ersten Mal allein bewältigte. Die Wassertemperatur in diesen „Meeren“: 15°, grad richtig für Ostseebader, aber natürlich nicht für mich. Die Nordsee hat übrigens 10°.
7.5.2013, Dienstag,
Ankerplatz 52 52'45.6''N, 5 6'13.8''E (← Koordinaten genau so in Google Earth kopieren! (mal testen, wenn's nicht geht, bitte Meldung!). Am Morgen erst mal 7 Liter öligen „Bilgenschlaz“ ausgeschöpft, wohl Ölreste der Reparatur, die gestern durch das Segeln mit viel Schräglage hervorkamen. Ankerauf um 08:15, um den Tidenablauf in der Wattensee zu nutzen. Die Schleuse konnte ich ganz ohne Wartezeiten durchfahren. So hat mich die Tidenströmung um 13:25 in die Nordsee gespült. Ist schon interessant, wenn man durch's Wasser ca. 4-5 Knoten fährt, aber über Grund 8 Knoten! Position um Mitternacht: 52 36'36''N, 3 51'49''E.
8.5.2013, Mittwoch.
Leider die ganze Nacht hindurch sehr wenig Wind, hätte ich von der Nordsee nicht erwartet. Dafür am Morgen Nebel mit Sichtweite um die 150 Meter. Habe trotz Stahlboot zusätzlich den Radarreflektor gehisst, um sicher von den anderen nebelhorntutenden Schiffen bemerkt zu werden, und hänge selber auch am Radar, um Gefahren zu erkennen. Gegen 11:00 endlich bessere Sicht und auch Wind, nach etlichen Winddrehungen in der Schwachwindzeit jetzt Südwest, den ich gerade noch gut nutzen kann. Jetzt soll die Windsteueranlage mal zeigen, was sie kann. Und sie arbeitet perfekt, bis 20:00 habe ich sie in Betrieb, für die anstehende Nachtfahrt habe ich sie aber wieder deaktiviert, damit ich in der Dunkelheit keine Probleme damit habe, steht ja die Einfahrt in Hafen an. Ca. 23:30 berge ich alle Segel und fahre mit Motor weiter durch die mit Bojen ausgewiesene Hafenzufahrtsroute, um 00:20 bin ich direkt vor der Hafeneinfahrt, quer zur Einfahrt Tidenströmung, wie sich kurz darauf rausstellt, mit 2 Knoten. Also Gas und durch. Plötzlich ist der Motor abgewürgt. Sch...., nicht wieder was mit dieser verflixten Kupplung. Also mit Segel wieder weg ins freie Wasser und schauen, was los ist. Aber das Segel lässt sich nicht ausrollen, und da dämmert's mir: ich habe mir meine eigene Vorsegelleine in die Schraube gebracht! Ist wohl bei dem Geschaukel ins Wasser gerutscht, und das mir, der immer alle Leinen zusammenhält! Treibe nun antriebslos mit der Tidenströmung mit in Richtung der Sandbänke, die rund um Lowestoft vorhanden sind. Werfe schnellstens den Anker mit 25 Meter Kette, der wird auf 4,5 Meter mit Sandgrund der Strömung schon standhalten, hoffe ich. Das hat funktioniert. Als nächstes die Küstenwache anfunken, dass ich hier in der ausgewiesenen Hafenzufahrtsroute notankere. Die „vermitteln“ mich per Funk an den Rettungsdienst, der nach 20 Minuten mit seinem Spezialboot auftaucht. Ich soll logischerweise meinen Anker wieder einholen, bevor sie mich schleppen können. Das Ankeraufwinschen gegen die starke Strömung ist ein Kraftakt, der mir neben den schon verbrauchten Nerven auch noch die letzte Kraft kostet. Die Retter fangen das nun wieder treibende Boot locker ein und per Schleppverband geht’s in den Hafen, freundlicherweise gleich in die Marina an einen Liegeplatz. Als ich frage, was das Bergen kostet, meint einer nur: oh, we are friendly people, nothing! Alle Achtung, da sind um Mitternacht 7 Männer mit Boot im Einsatz, und das alles kostenlos! Und ich bin um 02:00 tatsächlich in Lowestoft angekommen! Ich habe seit Aufbruch in Katwoude 202 Seemeilen zurückgelegt und dabei nur 6,7 Stunden den Motor genutzt, die Ausfahrt aus Katwoude braucht davon alleine schon ca. 1 Stunde.
9.5.2013, Donnerstag, Lowestoft,
52 28'19''N, 1 45'07''E. Das Marinabüro ordert für mich einen Taucher, der die Schraube befreien wird. Endlich wieder mobil: Motor geht, Kupplung geht und das Segel ist befreit. Muss auch gleich zu einem ordentlichen Liegeplatz umparken, vor der Tankstelle, wo mich die Retter absetzten, bin ich im Weg. Für eine neue Leine bin ich 2 Stunden zu Fuß unterwegs. Zum Austauschen weht aber heute zu viel Wind, so bleibt diese Arbeit erst mal liegen.
Das soll's für heute gewesen sein!