Frankreich
St. Peter Port auf der Kanal- Insel Guernsey, Sonntag, 2.3.2014.
Die Zeit vergeht, und ein Bericht ist mal wieder fällig! Da draußen eher Weltuntergang als Ausflugswetter herrscht (dunkler Himmel, Regenschauer und kalte Windböen), bleibe ich daheim und kann mir die Zeit dazu nehmen:
Endlich haben sich die Wetterverhältnisse so geändert, dass an ein Weitersegeln zu denken ist. Immerhin haben sie am Freitag noch Windstärke 10 am Marinabüro gemessen, und ein Pontonteil, der in einem trockenfallenden Bereich der Bucht ausgelagert war, hat sich bei Flut losgerissen und trieb Richtung Fluss. Also um 8:30 breche ich auf, aber an ein zügiges Segeln ist nicht zu denken, zu schwache Winde! Und die vorhergesagte Richtung Südwest stimmt auch nicht, es ist reiner Westwind. So muss ich schon mal mit zwei Schlägen gegen das Kap Pointe de Penmarc'h aufkreuzen, das kostet Zeit. Ich beschließe deshalb, in Audierne einen Zwischenstopp einzulegen. Hier sind mittig vor der Hafeneinfahrt Untiefen, die man großzügig umfahren sollte. Man sieht auch, wie sich die Restdünung darüber bricht, da möchte man nicht hineingeraten. Im Hafen selber mache ich am Fischereikai einen „informativen Halt“: mir ist die weitere Zufahrt zur Marina nicht ersichtlich, zudem sitzt mittendrin noch ein Schwimmbagger, der in meinen Unterlagen natürlich nicht verzeichnet ist. Aber ein paar freundliche Spaziergänger erklären den weiteren Weg, und so kann ich um 17:20 am Besucherponton festmachen (48 01'23''N, 4 32'14''W). Nebenbei bemerkt: auf diesem Abschnitt habe ich die 6000- Seemeilen- Marke „geknackt“.
Der Wetterbericht redet von 6 – 7 Bft., da verlängere ich freiwillig meinen Aufenthalt um einen Tag! Wandere durch die Stadt und zum Leuchtturm, der die Hafenzufahrt kennzeichnet, d.h. nicht ganz bis zum Turm, ich will nicht vom Damm geblasen werden. Auch hier haben die vergangenen Sturmtage Schäden hinterlassen, manche Geschäfte am Kai wurden geflutet, an meinem Ponton hat der Sturm den Strom „abgeschaltet“ (und ich muss darum nur eine Nacht bezahlen!) und an der Uferpromenade hat es über eine Straße hinweg Bäume unterspült. Der Liegeplatz ist alles andere als ruhig: da der Fluss mehr oder weniger durch die Marina fließt, kommt es in „Zusammenarbeit“ mit der Tide zu teils starken Strömungen, die das Boot immer wieder heftig in die Festmacher knallen lassen. Mit den wenigen zur Verfügung stehenden Beschlägen am Ponton habe ich auch keine Idee, das Boot besser und somit ruhiger anzubinden, die anderen Boote reißen ebenso an ihren Leinen, ist hier wohl normal...
18.2.2014, Dienstag, Audierne.
Heute soll's gelingen, Brest zu erreichen! Ich bin um 8:20 schon auf dem Weg, die Winde passen so einigermaßen, mittags bin ich zum perfekten Zeitpunkt im Raz de Sein, einer Durchfahrt zwischen der Landspitze und vorgelagerten Inseln und Untiefen (48 01'53''N, 4 46'54''W). Wegen der Gezeitenströmung ist es wichtig, hier zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Ich kann noch bis in die große Bucht von Brest segeln, aber nicht mehr zur Marina- Einfahrt, so kommt für die letzte Stunde noch der Motor zum Einsatz. Um 17:50 schreibe ich ins Logbuch: Leinen fest! (48 22'39''N, 4 29'16''W)
Nach langem Ausschlafen ohne dem
jämmerlichen Geruckel des Boots ein Besuch im Büro, anschließend zur
Touri-Info. Dort kaufe ich eine ermäßigte Eintrittskarte für das Château
bzw. das Marinemuseum, das darin untergebracht ist. Die Marina liegt
unterhalb dieses Château und wurde in einem von der Marine nicht mehr
benötigten Hafenareal eingerichtet: jetzt liegen rechts der Einfahrt die
Vergnügungs- und links die Zerstörungsfahrzeuge! Aber dieser Gegensatz
ist in Brest öfter zu sehen, es ist seit Alters her eben ein
Marinestützpunkt. Bereits die Römer haben eine erste Befestigungsanlage
am Ort des Château errichtet. Das war ca. 300 n. Chr., diese Mauerreste
sind teils jetzt sichtbar, teils bilden sie die Fundamente für die
späteren zahlreichen Erweiterungen zum jetzigen Aussehen des Château. Im
Marinehafen lässt sich der U- Boot- Bunker für 13 U- Boote erkennen. Im
Sommer werden Führungen für Angehörige von NATO- Staaten
(Passkontrolle!) durch das Marinegelände und ein Kriegsschiff angeboten.
In den United States of America war ich auch kurz: auf der Rempart, der
die Stadt gegen den Hafenbereich abtrennt, steht ein amerikanisches
Monument, ein 30 Meter hoher Turm zur Erinnerung des amerikanischen
Engagements im ersten Weltkrieg. Der Turm wurde von den Deutschen im
zweiten Weltkrieg gesprengt und von den Amis an gleicher Stelle und in
gleicher Art wieder aufgebaut. Die paar Quadratmeter Parkanlage rund um
den Turm gelten als amerikanisches Staatsgebiet.
An meinem Liegeplatz muss ich später feststellen, dass manche Wellen in
die Marina laufen und das Boot auch hier in die Festmacher rumpeln
lassen. Aber hier kann ich richtig lange Leinen ausbringen, die als
Ruckdämpfer wirken und das Ganze erträglich machen.
Die vergangenen Tage waren mit Besichtigungen
ausgefüllt: Rue St. Malo, der älteste noch erhaltene Straßenzug von
Brest, Tour Tanguy, einem mittelalterlichen Turm, in dem Dioramen vom
alten Brest und viele alte Dokumente besichtigt werden können, Maison de
la Fontaine, Jardin des Explorateurs (wächst noch nichts!), Pont de
Recouvrance, die zweitgrößte Hubbrücke Europas. Kaufte auch noch die mir
fehlenden Seekarten der französischen Küste bis Belgien. An
Wartungsarbeiten habe ich Ölservice am Motor und Getriebe erledigt, die
Großfallwinch und die Steuerbord- Genuawinch neu abgeschmiert. Für die
Backbordseitige hat's nicht mehr gereicht: Regenschauer! Und mal wieder
Waschtag.
Um 17:00 abends und trotz Sonntag tauchen drei Mann vom Zoll auf und
kontrollieren, ob ich Drogen oder Waffen dabeihabe. Sie schauen
tatsächlich HINTER meine Küchenschubladen (jetzt weiß ich endlich, wie
die rausgehen!) und unter die achterlichen Schlafkojen. Zum Glück haben
sie meine Steinschleuder nicht entdeckt! Freundlicherweise haben sie
aber alles wieder so zurückgelegt, wie's war, und sind schließlich
abgezogen, mit dem Versprechen, dass ich höchstwahrscheinlich nicht mehr
kontrolliert werden würde, da ich ja jetzt bei ihnen registriert sei.
24.2.2014, Montag, Brest.
Heute geht’s „um's Eck“, will sagen um die nordwestliche Landzunge Frankreichs durch den Chenal du Four nach L'Aber Wrac'h. Chenal deswegen, weil die Fahrstraße zwischen dem Festland und der Insel Ouessant hindurchführt. Auch durch den Chenal du Four gilt: zum richtigen Zeitpunkt mit der Strömung reisen. Dieser Zeitpunkt ist um 18:00, ich fädle mich aber schon 17:00 in die Einfahrt ein, weil mir das Wetter ausreichend ruhig erscheint, das zu wagen. Dies war keine schlechte Idee, denn mit der Dämmerung frischt der Wind auf, und ich bin froh, bald in die betonnte Zufahrt nach L'Aber Wrac'h einfahren zu können. Diese Zufahrt ist mit Sektorenfeuern gut gekennzeichnet, und so kann ich um 22:10 am Besucherponton festmachen (48 35'59''N, 4 33'42''W). Ich entscheide mich für die Außenseite, um vom Wind nicht gegen den Ponton gedrückt zu werden, habe dafür aber mehr Wellen. Wie man's macht, ist's verkehrt!
26.2.2014, Mittwoch, L'Aber Wrac'h.
Ein richtig verschlafener kleiner Ort mit einer dafür ziemlich großen Marina. Aber an einer wichtigen Lage für alle, die durch den Chenal du Four wollen und den richtigen Zeitpunkt dafür abwarten müssen. Sonst gibt es hier an diesem nordwestlichen Küstenabschnitt keinen Hafen, der rund um die Uhr und zu jeder Tide angelaufen werden kann. Ich habe hier den gestrigen Starkwind abgewartet, heute eine lange Etappe, mein Ziel ist Lézardrieux. Um Mitternacht werden 84 Seemeilen auf der Logge stehen. Abfahrt deswegen um 8:00, vorher ist's noch dunkel, und ich will ein bisschen was von der Ausfahrt sehen. Nach dem gestrigen Starkwind macht Äolus Pause, die Windstärken bewegen sich zwischen eins und drei und ich komme leider nicht so schnell vorwärts wie gehofft. Außerdem weiß ich nicht recht, wie ich bei diesem achterlichen Wind welche Segel setzen soll: die Genua steht bei schwachem Wind und Welle einfach nicht und flappt zu viel, ich nutze schließlich nur das Groß, das zwar besser steht, aber nicht soviel Vortrieb bringt. Es ist bereits dunkel, als der Wind auf Süd dreht und ich besser segeln kann. Das letzte Stück, gute zehn Seemeilen in den Fjord von Lézardrieux muss ich allerdings gegen diesen Südwind motoren. Wieder geht es mit Sektoren- und Richtungsfeuer sicher in die Marina, wo ich um 00:30 bei strömenden Regen festmache (48 47'20''N, 3 05'53''W).
1.3.2014, Samstag, Lézardrieux.
Die letzten Tage mal wieder Starkwind, die Vorhersagen waren mit Böen bis 9 Bft. gespickt, da muss ich nicht dabei sein! Nutzte die Wartezeit mit Spaziergänge durch und um den Ort, herausragende Sehenswürdigkeiten gibt es leider nicht. Heute dagegen Winde von 1 Bft., ich muss tatsächlich die ganze Strecke zu meinem Ziel, die Kanalinsel Guernsey, motoren. Von Zeit zu Zeit setze ich Segel, aber es bringt nichts, ich treibe mehr mit der Strömung aus meinem Kurs, als dass ich vorwärtskomme. Immerhin, unter Maschine mit konstanten fünf Knoten Fahrt bin ich bereits um 17:35 fest im Hafenbecken Victoria (49 27'19''N, 2 32'04''W). Dieses Hafenbecken ist mit einer Süll genannten Absperrung vor dem totalen Trockenfallen geschützt: man kann nur zu Flutzeiten ein- bzw. ausfahren, ein Zeitfenster von ungefähr fünf Stunden für Boote mit zwei Meter Tiefgang. So ein Süll funktioniert bei ordentlich Tidenhub, hier sind es um die zehn Meter! Auf dem Bild ist links das gefüllte Marinabecken, rechts erkennt man ein rot-weißes Maß über 6 Meter, und das Wasser reicht bei Flut auch bis zur 6- Meter- Marke. Das soll es für dieses Mal gewesen sein!
Bilder: Brest: Chateau mit Tour Tanguy, Hubbrücke, Vergnügungshafen, Marine- Hafen, Rempart mit amerikanischem Monument, Audierne, Audierne Leuchtturm, Lézardrieux Ortsmitte, St. Peter Port, Marina-Süll in St. Peter Port.
Loctudy, Donnerstag, 13.1.2014.
Ich bin am 31.1. hier eingetroffen, eigentlich nur für ein oder zwei Tage, aber die Sturmfronten, die wie an einer Perlenschnur vom Atlantik hereinziehen, lassen mich hier nicht wegkommen. Aber nach gut 14 Tagen wird’s trotzdem mal wieder Zeit für einen Bericht:
28.1.2014, Dienstag, Le Palais / Belle Ile.
Die Schleuse öffnet um Punkt 13:00. Erst darf noch der Frachter reinmanövrieren, dann bin ich dran mit meiner Ausfahrt. Ich bin erst noch vorsichtig mit der gesetzten Segelfläche wegen der Böen in Landnähe, aber leider ist nach zwei Stunden nur noch so wenig Wind über, dass ich den Motor starte. So erreiche ich, bereits wieder im Dunkeln, mein Ziel Port Louis, und um 19:45 sind die Leinen fest (47 42'40''N, 3 21'17''W). Rein seglerisch eine etwas frustrierende Fahrt, zum Ausgleich gibt es im „Le Tant' Louise“ eine Pizza und Wein und Salat und Espresso.
29.1.2014, Mittwoch, Port Louis.
Heute ausgiebig den Ort erkundet. Auch hier bewacht eine Zitadelle die Hafeneinfahrt, neben dem kleinen Port Louis ist ja noch Lorient ein kleines Stück weiter im Landesinneren zu schützen. Aber wie üblich ist keine Besichtigung möglich, Winterpause.
30.1.2014, Donnerstag, Port Louis.
Heute steht ein Ausflug nach Lorient auf dem Programm. Zunächst mit einer Personenfähre ans gegenüber liegende Ufer und dann weiter mit dem Bus ins Stadtzentrum. In der Tourist-Info besorge ich mir einen Stadtplan, in dem eine Rundwanderung eingezeichnet ist. Damit kommt man an allen Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei. Später wandere ich noch zum Hafen, dort sind ehemalige Bunkeranlagen der U-Boot- Flotte erhalten, aber, man ahnt es schon, geschlossen. An der Wasserfront hat sich ein Segelzentrum entwickelt, auch das Volvo-Ocean-Race machte hier schon Station. Ein paar Renn- Trimarane sind zu sehen und ein futuristischer Katamaran- Neubau. Zu Ehren von Taberly heisst das Gelände Cité de la Voile Eric Taberly. Abends zurück mit der Fähre nach Port Louis.
31.1.2014, Freitag, Port Louis.
Heute um 8:25 Leinen los für die Strecke nach Loctudy. Der Wind legt schon früher zu als der Wetterbericht voraussagte, so habe ich vor der Hafeneinfahrt von Loctudy nur noch wenig Segelfläche. Doch ausreichend, um mir zum zweiten Mal die Reffschiene vom Baum zu reißen, als ich ein Halsenmanöver ausführe. Ich muss das Großsegel wohl doch noch früher bergen, dieser Beschlag ist scheinbar nicht ausreichend dimensioniert. So habe ich gleich wieder was zum Reparieren. In die Marina geht es entgegen dem auslaufenden Wasser, die Strömung ist so stark, dass eine Morringboje unter Wasser gedrückt ist, die ich im letzten Augenblick noch entdecke und umfahre. In der Marina kann ich an einem Stegende, am sogenannten Hammerkopf, anlegen, was trotz strömenden Regens und Windböen auf's erste Mal klappt (47 50'20''N, 4 10'34''W). Nach dem Anlegen verziehe ich mich gleich mal unter Deck und lasse das Sauwetter draußen, den Gang ins Büro verschiebe ich auf morgen.
13.2.2014, Donnerstag, Loctudy.
Ja, ein ziemlicher Zeitsprung, aber wie in der Einleitung erwähnt, seit gut zwei Wochen Sturm oder fast Sturm aufgrund der Fronten, die vom Westen über die Küste ziehen. Bei Biarritz strandete ein Frachter nach Ausfall der Elektrik. Und hier habe ich das Boot mit insgesamt sieben Leinenverbindungen an den Steg „gefesselt“. Meine Reparatur der Reffschiene habe ich auch erledigt: statt der Nietverbindung habe ich ein Flach- Alu besorgt, in das ich Gewinde geschnitten habe. So kann ich die am Baum außenliegende Reffschiene mit der innenliegenden Aluschiene verschrauben. Ich hoffe, die Schraubverbindung ist standhafter als die Nieten. Am Freitag, 7.2., stattete ich der Department- Hauptstadt Quimper einen Besuch ab: die fast einstündige Busfahrt kostete nur 2.-€. Sehenswert ist die Kathedrale, deren Hauptschiff einen Knick aufweist; warum dies so gebaut wurde, kann man heute nicht mehr nachvollziehen. Auch die gut erhaltene Altstadt rund um die Kathedrale ist sehenswert, sehr viele teils wirklich alte Häuser säumen die engen Straßen und laden zum Herumbummeln ein. Natürlich gibt es hier viele Läden, Cafés und Boutiquen usw. Offenbar gab es erst kürzlich Hochwasser hier im Stadtkern, der durch die Stadt führende kleine Bach dürfte verantwortlich sein. Jedenfalls sind etliche Ladenbesitzer mit Aufräumungs- und Säuberungsarbeiten beschäftigt, während andere Läden mit Holzplatten und Sandsäcken abgedichtet wurden und deshalb nicht geöffnet sind. Im angrenzenden Vorort Locmaria ist das Zentrum der Fayencen- Keramik, die weitläufig bekannt ist. Das Museum dazu ist natürlich geschossen.
In Loctudy selbst gibt es außer einer romanischen Kirche aus dem 11./12. Jahrhundert nicht wirklich Interessantes zu sehen, ein Badeort eben, in dem zur Saison wahrscheinlich der Bär steppt, aber jetzt herrscht tote Hose. An einem Nachmittag, an dem der Wetterbericht weniger Regenschauer vorhersagt, mache ich mich auf eine Wanderung durch die Umgebung. Am Ufer des Rivère de Pont-l’Abbé entlang führt der Weg zum Menhir von Penloïc, der jetzt vom Wasser umspült wird. Bei seiner Errichtung vor ca. fünftausend Jahren war der
Wasserspiegel nicht so hoch, als dass die Kultstätte in den Fluten versunken wäre. Teilweise versinkt auch der gekennzeichnete Wanderweg in den Fluten, das Wetter ist mit den vielen, teils heftigen Regenschauern dafür verantwortlich. So bin ich selbst eigentlich meist unter Deck, zu meiner Unterhaltung reicht das Internet bis in die Kajüte, so vergeht die Zeit mit Nachrichten lesen und hin und wieder einen Film aus einer Mediathek anschauen. Und regelmäßigem Abrufen der Wetterdaten. Leider seit gut zwei Wochen eben starke Winde, noch dazu meist aus Nordwest, das ist genau die Richtung, die ich als erstes bis zum Pointe du Raz zurückzulegen habe, um nach Brest zu gelangen, meinem nächsten Ziel. Nunja, Geduld soll ja eine Eigenschaft eines Fahrtenseglers sein!
Bilder: Altstadt Quimper, Kathedrale in Quimper, Loctudy, Menhir von Penloic, im Hafen - Anzug der nächsten Sturmböen, typischer Wetterbericht dieser Tage.
Le Palais/Belle Ile, 27.01.2014.
Seit Tagen warte ich auf brauchbares Wetter, um zu meinem nächsten Ziel, nach Lorient, zu kommen. Aber seit Tagen richtiges Aprilwetter hier und draußen bis zu 7 Bft. Wind. Wenigstens bin ich hier im „Bassin de Flot“, einem mit einer Schleuse vom Tidenhafen abgetrennten Bereich, gut aufgehoben, Strom und Internet gibt’s, und weil morgen Nachmittag ein „Starkwindloch“ sein soll, bin ich am Vorbereiten. Als ich in der Capitainerie zahlen will, wollen die gar kein Geld, im Winter ist's gratis! Morgen um 13:00 kann ich durch die Schleuse. Aber hier chronologisch:
14.1.2014, Dienstag, La Rochelle.
Ich verabschiede mich noch von meinem Stegnachbarn, einem alten Franzosen und Rentner. Er kann zwar kein deutsch und auch kein englisch, und ich ja nur minimal französisch, aber bisschen haben wir uns schon immer unterhalten. Er hat zwei Jahre in Stuttgart bei „Porsch“ gearbeitet, aber da ist leider kein Deutsch mehr über. Um 15:00 komme ich endlich los, musste das Hochwasser abwarten, ich wollte keine Probleme wie zuletzt an der Tanke in der großen Marina. Das Wetter passt, ich komme gut vorwärts, um 17:00 segle ich unter der Brücke durch, die vom Festland auf die Insel Ré führt. Zu meinem Tagesziel, einer Boje vor der Ortschaft Saint-Martin-de-Ré (46 12'57''N, 1 21'46''W) muss ich dann doch noch motoren, Gegenwind. Nach ein paar Versuchen bin ich um 18:15 fest an einer der vier Wartebojen, die eigentlich ausgelegt sind, um die Flut abzuwarten, um dann in den Hafen des Ortes zu kommen. Ich nutze jetzt mal eine nur zum Übernachten. Ich brauche immer ein paar Versuche, um das Boot bei Wind und Strömung (meist aus anderer Richtung wie der Wind) richtig und mit dem letzten Schwung an die Boje zu manövrieren, um dann zum Bug zu sprinten und einen Festmacher durch den Bojenring zu bringen. Einfädeln vom Heck aus wäre einfacher, zumindest als Einhandsegler, aber dann den Festmacher händisch zum Bug zu bringen, das ist schwierig bis unmöglich, wenn erst mal die Kraft der Strömung das Boot richtig erfasst hat.
15.1.2014, Mittwoch, vor der Ile de Ré.
Wind und Strömung konnten sich nicht einigen, wie sie das Boot liegen haben wollten, und so bumberte die Boje immer wieder an den Rumpf, was eine etwas unruhigen Nacht bedeutete. Der Tag beginnt „gut“: zu meinem Frühstückstee geht das Gas aus, ich muss erst die Flasche tauschen, bevor ich mein heißes Getränk bekomme. Um 9:30 verlasse ich die „Kravallboje“, Kurs auf Saint Gilles Croix de Vie. Ja, hier in France haben manche Orte Doppelnamen, nicht nur Menschen! Nach dem Zusammenschluss von Saint Gilles mit Croix de Vie fiel denen halt nichts kürzeres ein. Die Fahrt bis zur Einfahrt in den Hafen verläuft ohne Vorkommnisse bis auf eine wirklich konfuse See, die nächste Schiffsbewegung ist nicht zu erahnen, jede Bewegung ist mit Einspreizen wie ein Affe oder mit einem blauer Fleck verbunden. So schlimm war's nicht mal in der irischen See, und dieser wird in Sachen verrücktes Wellenbild viel nachgesagt. Richtig holprig wird es nochmal in der Einfahrt, dort haben sich ordentlich Wellen gebildet, der Wind hat auch zugelegt, das herauslaufende Wasser des Flusses Vie kämpft mit den einströmenden Flut- Wassermassen. Also volle Kraft voraus und festhalten, nach ein paar Minuten ist man schon in ruhigem Hafenwasser, und um 17:30 kann ich die Leinen am Schwimmsteg belegen (46 41'37''N, 1 56'11''W). Naja, ein Ereignis gab's doch noch: ein „Spinlock“, eine Art „Schnellfestklemme“, für eine Reffleine ist gebrochen, Sch... Plastikzeug! Und ich kriege die Reste vom Baum nicht weg, die Schraube geht leer durch.
17.1.2014, Freitag, Saint Gilles Croix de Vie.
Gestern und heute die Stadt besichtigt. Richtig aufregende Sachen gibt es allerdings nicht zu bestaunen. Am Schiff mal wieder die Schäkel, die an Deck zahlreich vorhanden sind, kontrolliert, Ölservice erledigt und endlich den Spi- Baum festgebunden. Der liegt, einseitig in einer Öse eingehakt, zwischen Kamin und Bordwand lose auf Deck und bei entsprechendem Seegang machte es ständig „donk - donk - donk“. Hat ganze 5900 Seemeilen gebraucht, bis ich die Ursache für das Geräusch lokalisiert hatte! War aber auch nur bei bestimmten Bootsbewegungen zu hören.
18.1.2014, Saint Gilles Croix de Vie.
Seit 9:00 bin ich wieder unterwegs. Allerdings noch keine 100 Meter weit, da kommt ein Schlauchboot der Marina angedüst und will was von mir. Solche Ablenkung kann ich jetzt nicht brauchen, schiebt mich doch das ausströmende Flusswasser Richtung weiterer Steganlagen. Mit einem ordentlichen Schub Vollgas komme ich grad noch gut vorbei, und was will dieser Motorbootfahrer jetzt: er dachte, ich hätte eine Nacht zu wenig bezahlt, aber nach ein paar Funksprüchen mit dem Büro weiß auch er, alles OK. Nach diesem kleinen Aufreger gleich der nächste: In der Einfahrt ist der Kampf der Gewässer mal wieder voll im Gange, ich muss mit ordentlich Gas durch dieses Gewirr von Wellen und Strömungen. Endlich draußen an der die Einfahrt kennzeichnende Tonne kann ich auf meinen Kurs gehen und Segel setzen. Heute soll es nach La Turballe gehen. Dieser Ort wurde mir von einem Segler ans Herz gelegt: „Don't go to Pornichet, go to La Turballe: a lot of bars and restaurants around the harbour, very nice“. Nach 57 Seemeilen lande ich also, es ist bereits dunkel, in diesem Ort. Leider finde ich nur an einem Ponton Platz, der keine Landverbindung hat (47 20'45''N, 2 30'44''W). Wenigstens gibt’s Strom, so kann ich meinen Heizlüfter aktivieren, und morgen wird sich schon ein anderer Platz finden.
19.1.2014, Sonntag, La Turballe.
Um 10:00 kann ich an einen Ponton mit „Landverbindung“ umparken, und so steht einem Stadtbummel nichts mehr im Weg. Das Marina- Büro hat sonntags geschlossen, das "Geschlossen"- Schild findet sich auch an fast alle Bars und Restaurants rund um den Hafen, Winterpause! Mein Tippgeber war wohl im Sommer hier. Mir gefällt der Ort nicht so, es ist viel erneuert und restauriert worden, aber in einer Weise, die auf mich steril wirkt. Und die Aussicht von der Promenade aufs Meer wird durch einen riesigen Fischfabrikkomplex verdeckt. Die Planung dazu war wahrscheinlich noch vor dem Einfall der sommerlichen Touristenhorden.
20.1.2014, Montag, La Turballe.
Nachdem die Windvoraussage nicht mit meinem Reiseplan übereinstimmt, mache ich heute eine Wanderung zur Spitze „Pen Bron“. Diese Spitze bildet mit der gegenüberliegenden Küste für einen kleinen Fluss einen schmalen Zugang zum Meer. Richtung Landesinnere erstreckt sich ein riesiges flaches Gelände, das früher zur Salzgewinnung genutzt wurde. Heute sind nur noch wenige Salzbecken in Betrieb, mehr als touristische Attraktion denn aus wirtschaftlichen Gründen. Wobei der Verkauf dieses handverlesenen Salzes zu hohen Preisen erfolgt, wie ich später zurück im Ort in verschiedenen Andenkenläden feststelle. Kurz vor dem Ort kann ich einen Harvester in Aktion beobachten: innerhalb von Minuten wird von so einem Spezialgerät ein stattlicher Baum gefällt, entastet und in „handliche“ Stücke zerkleinert. War seinerzeit wahrscheinlich Arbeit für einen ganzen Trupp von Holzfällern; macht schon nachdenklich über unsere Zeit und die damit verbundenen Auswirkungen auf Mensch und Natur.
21.1.2014, Dienstag, La Turballe.
Leinen los um 9:30, das heutige Ziel liegt nur rund 30 Seemeilen entfernt: Le Palais auf der Belle Ile. Dank achterlichem Wind um die 3 Bft. bin ich um 14:00 schon im Tidenhafen des Ortes, mal wieder an einer Boje. Normal soll man sich zwischen Boje und Kaimauer vertäuen. Ich will aber später in das mit einer Schleuse abgetrennte „Bassin de Flot“, um dort Dank der Schwimmpontons unkompliziert an Land zu kommen. Per Funk melde ich meinen Wunsch, ja, das geht, zwar erst um 18:00 wegen Tidenwasserstand, und zuerst kommen noch die Frachter dran. Einer der Inselversorger kommt raus, dann quetscht sich noch die Schnellfähre dazwischen, darauf darf der zweite > Frachter einfahren,und dem folge ich nach. Die Frachter kehren vor der Schleuse noch um, so dass sie dann rückwärts durch die Schleuse fahren. Es geht ganz schön eng zu, aber die Kapitäne machen das ja bis zu zwei mal am Tag, da haben sie den Dreh schon raus. Gegen 18:30 bin ich auch am Ponton vertäut (47 20'53''N, 3 09'29''W).
22.1.2014, Mittwoch, Le Palais.
Der Ort und der Hafen wird von einer mächtigen Zitadelle überragt, deren Ursprünge bis 1572 zurückreichen. Später wurde noch eine gewaltige Wall- und Befestigungsanlage rund um den Ort gebaut, um sich auch von Landseite her bestens verteidigen zu können. Die Zitadelle wird auch „Schlachtschiff des Atlantik“ betitelt, wohl weil sie aus manchen Perspektiven wie ein riesiger Bug eines Schiffes wirkt. Der Ort selbst wurde nicht so „sterilisiert“ beim Restaurieren wie z.B. La Turballe, die Häuser reihen sich um die Hafenanlagen, sind bunt gestrichen und strahlen irgendwie Charakter und Ursprünglichkeit aus.
23.1.12014, Donnerstag, Le Palais.
Ein Regenschauer am Morgen „verordnet“ mir noch weitere Bettruhe. Später, nach einem ausgiebigem Frühstück mit frischem Baguette, baue ich mein Radl zusammen. Endlich wird auch der neue Sattel montiert. Der Hersteller sitzt in Taiwan, gekauft habe ich ihn in Island und nun wird er in Frankreich auf ein deutsches Radl montiert: mehr internationale Verquickung geht fast nimmer! Der Rest des Tages soll's laut Wetterbericht trocken bleiben, und so radl ich nach Sauzon, einem zweiten Hafenort an der Nordost-Küste, und weiter zum Pointe des Poulains, dem Nordkap. Auf dem weiteren Weg nach Port Coton stehen Jean und Jeanne, zwei Menhire. In der Nähe von Port Coton sind die windumtosten und meeresumbrandeten Klippen Aiguilles, die Claude Monet auf Bildern verewigt hat. Ich habe leider meine Künstlerstaffelei nicht dabei, so erstelle ich eben ein paar digitale Bilder. Zurück nach Le Palais komme ich noch am „Le Grand Phare“ vorbei, einem Leuchtturm, 52 Meter hoch und seit 1836 in Betrieb.
27.1.2014, Montag, Le Palais.
Seit Freitag ist Mistwetter: Windböen, Regenschauer, manchmal richtiger Graupel, selbst hier im geschützten Hafenbecken schaukelt das Boot hin und her. Das reizt nicht für Ausflüge. Im Ort bin ich schon alles abgelaufen, so bin ich viel unter Deck und lasse das Schietwetter draußen. Weiter kann ich auch nicht, entweder angekündigte Windstärken von bis zu 7Bft und/oder falsche Windrichtung. Weil diese Wetterlage so lange anhält, recherchiere ich, wie dieses Tief heißt, das mich hier aufhält: Sturmtief Lilli ist verantwortlich. Morgen soll es nachmittags passen, dass ich nach Lorient aufbrechen kann, bevor ein weiteres Tief in der Biskaya eintrifft. Um 13:00 macht die Schleuse auf, dann sind ca. 25 Seemeilen zurückzulegen, sollte also kein Problem werden.
Bilder: Brücke nach Ré, Abendstimmung in La Turballe, Salzbecken, Saint Gilles Croix de Vie, Le Palais, Zitadelle, Menhir Jean, Monet- Klippen.
Der erste Bericht für das Jahr 2014!
La Rochelle, 14.01.2014.
War ja vom 12.12. bis 3.1. zu Hause, viele Besuche abgestattet, etliche Male einen Bildervortrag abgehalten und viel darüber nachgedacht, wie ich meinen Törn weiterführe. Der Beschluss steht nun: ich werde nach Katwoude/Holland zurücksegeln in die Marina, von der aus ich startete, und dann das Schiff verkaufen. Mein inneres Feuer für die Segelei scheint niedergebrannt, der Traum, Island auf eigenem Kiel zu besuchen, ist verwirklicht, einen Eindruck von der Langfahrt- Segelei habe ich gewonnen, manches ist anders gelaufen, als ich mir vorgestellt habe, viele Vorstellungen und Erwartungen wurden allerdings von der Wirklichkeit übertroffen! Also ab April steht dieses Langfahrt- und in schwierigem Wetter erprobtes Boot zum Verkauf, Angebote werden ab sofort angenommen! Aber nun weiter in gewohnter Weise mit dem Bericht:
08.01.2014, Mittwoch, Rochefort.
Bin seit dem 3.1. wieder auf dem Boot. Während der vergangenen Tage habe ich verschiedene Wartungsarbeiten durchgeführt, die ich letztes Jahr sausen ließ: ich besuchte lieber die Museen, welche jetzt im Januar alle geschlossen sind. Ich habe meine Bordroutine noch nicht gefunden, bin träge und das regnerische Wetter tut sein übriges, damit ich nicht in Schwung komme. Aber bis heute habe ich doch alles erledigt, und um 11:00 habe ich Schleusentermin. Das Wetter passt auch, etwas dunstig, aber sonnig, und ich freue mich auf eine gemütliche Flussfahrt. Will nur bis zur Insel d'Aix vor der Flussmündung. Beim Herfahren habe ich auf einen Besuch verzichtet, dies soll nun nachgeholt werden. Während der „Talfahrt“ auf der Charente kommt von hinten ein Frachter auf. Ich verziehe mich für seine Vorbeifahrt in ein leeres Bojenfeld, will ja nicht im Weg sein! Um 14:15 bin ich bereits wieder fest an „meiner“ Boje Nr. 48 (war letztes Jahr schon dran, hatte sich bewährt, 46 00'15''N, 1 10'03''W).
09.01.2014, Donnerstag, Ile d'Aix.
Hier gibt es ja keinen Hafen für Yachten, nur die Bojen. Also geht’s per Beiboot ans Ufer. Ich muss aber „Stillwasser“ abwarten, andernfalls treibt mich die teils starke Gezeitenströmung, die bis zu 3 kn erreicht, ab. Um 11:00 passt es, der Flut- Scheitelpunkt ist erreicht, nun habe ich ca. 6 Stunden Zeit, dann ist der tiefste Wasserstand der Ebbe, den ich zur Rückfahrt nutzen will. Die Insel wurde als vorgelagerte Verteidigungsstellung für den damaligen Marinehafen Rochefort stark befestigt mit Wassergräben, Wällen und Kanonenstellungen. Ich mache eine Inselumwanderung, dabei stoße ich immer wieder auf Stellungsanlagen. Sinnigerweise liegt hinter der Kanonenstellung „La Batterie Jamblet“ gleich der Friedhof. Im Ort selbst gibt es ein Napoleon- Museum, darin hauptsächlich Bilder und Skulpturen über und mit Napoleon. In diesem ehemals von ihm für die Verwaltung erbauten Gebäude hielt er selbst sich ein paar Tage auf, bevor es nach St. Helena ging. Somit umweht mich in den Ausstellungsräumen der Geist des Eroberers! Zur Rückfahrt: die Tide hält sich nicht an meine Berechnung, ich bin offenbar zu früh dran und habe noch mit ordentlich Strom zu kämpfen. Schlussendlich schafft es aber mein kleiner „Elektro- Quirl“, mich zurückzubringen. Zum An-Deck-Hieven des Beiboot warte ich aber bis zum „Stillwasser“!
10.01.2014, Freitag, Ile d'Aix.
Auf geht’s um 10:05 nach La Rochelle. Kein Wind zum Segeln, macht aber nichts, ich werde die kurze Strecke von 11 Seemeilen motoren. Das gibt mir zugleich die Gelegenheit, Fort Boyard zu umrunden und aus der Nähe zu betrachten. Dieser Festungsbau wurde lange Zeit immer wieder geplant, um die Zufahrt nach Rochefort zu schützen. Anfangs hatten die Kanonen noch nicht die Reichweite, um das Fahrwasser entweder von der Ile d'Aix oder von der gegenüberliegenden Ile d'Orléron aus abzudecken. Fort Boyard sitzt auf einer Sandbank etwa in der Mitte des Fahrwassers. Der Bau war schwierig, erst musste die Sandbank mit massiven Steinquadern befestigt werden, dann konnte mit dem eigentlichem Bau begonnen werden. Bis zur Fertigstellung war die Feuerkraft der Kanonen allerdings so groß, dass das Fahrwasser auch ohne Fort Boyard geschützt werden konnte: das Fort ging deshalb nie in Betrieb! Eine Zeit lang wurde es als Gefängnis genutzt, und heutzutage wird dort eine TV- Show gedreht, in der verschiedene Teams verschiedene Aufgaben zu erledigen haben. Weiter motore ich Richtung La Rochelle. Die Mega- Marina lasse ich diesmal rechts liegen und steuere auf den alten Hafen zu, Zufahrt zwischen zwei Wehrtürmen (im Bild rechts). Hier im Bassin d'Echouage liege ich im Herzen der Stadt, alles ist locker zu Fuß erreichbar (46 09'24''N, 1 09'11''W).
13.01.2014, Montag, La Rochelle.
Die letzten Tage habe ich die Stadt intensiv besichtigt: alle drei Wehrtürme und die Kathedrale sind geöffnet, das „Musée des Modèles Réduits“ (Modelle von Gebäuden, Fahrzeugen, Eisenbahnen), das „Musées des Automates“ (mechanische Modelle) und der „Bunker“, die original erhaltene deutsche Kommandozentrale der U- Boot- Flotte sind leider geschlossen, Winterpause. Und natürlich ausführliche Stadtbummel, um den Flair zu genießen: viele alte Bauwerke bis zurück ins 16.Jahrhundert stehen im Stadtzentrum, Arkadengänge schützen vor möglichen Wetterunbilden, die Straßen sind ein wenig eng, meist nur Einbahn, und jede Menge Menschen beim Shoppen. Rund um das Hafenbecken befinden sich unzählige Restaurants, Bars, Cafés und Bistros, welche bei Sonnenschein dicht bevölkert sind.
Morgen werde ich weitersegeln, Richtung Norden. Jetzt habe ich nicht wirklich Eile, mal sehen, wie weit ich die nächsten Tage komme......
Bilder: Begegnung auf der Charente, Ile d'Aix, Fort Boyard, Zufahrt La Rochelle, Altstadt La Rochelle.
Rochefort, 09.12.2013. Der letzte Bericht für dieses Jahr!
27.11.2013, Mittwoch, Quiberon.
Nach langem Ausschlafen und nach der Visite im Hafenbüro ein Stadtrundgang mit Besuch der Touri- Info. Laut deren Karte soll am südlichen Stadtrand ein Menhir zu finden sein, den ich aber nicht finde! Spätnachmittags kommt ein Franzose aus Vannes in der Marina an, ich helfe beim Festmachen, und er weißt mich auf ein etwas seltsames Boot am Ende meines Stegs hin: die „Pen Duick V“: der Besitzer war kein anderer als Tabarly. Für alle Nichtseefahrer: eine Seglerlegende mit tragischem Ende: er ging 1998 in der irischen See ungesichert während einer Nachtfahrt über Bord und ertrank. Alle Tabarly- Boote haben/hatten ihren Heimathafen hier in Quiberon.
28.11.2013, Donnerstag, Quiberon.
Um 11:00 mache ich eine Führung mit durch eine Fischverarbeitungsfabrik, die die gefangenen Sardinen möglichst frisch und schonend eindost. Die Besucher werden über die Geschichte des Fangs und der Konservierung aufgeklärt und die neuzeitlichen Verfahren können durch Fenster direkt besichtigt werden. Leider nur in französisch, so bekomme ich mit meinen rudimentären Französisch- Kenntnissen nicht viel mit. Nach der einstündigen Führung mache ich eine kleine Wanderung. Der Weg führt über einen Aussichtsturm weiter zum „Port Blanc“, ein riesiger, vom Meer ausgewaschener Felsenbogen. Auf dem Rückweg stoße ich doch noch auf einen einsamen Menhir, somit kann ich auch diesen Besichtigungspunkt abhaken!
29.11.2013, Freitag, Quiberon.
Die Marina hat irgendeine Herbstaktion,
jedenfalls musste ich nichts bezahlen, trotz Strom und Internet, so kann
ein Tag beginnen! Heute ist das Ziel Pornichet. Bin zwar schon seit
09:30 auf See, aber der Wind ist sehr schwach. Ich nutze die „stade
Zeit“, um mich endlich um den Herd zu kümmern. Durch die undichte
Dachluke direkt darüber haben die Kochstellen immer wieder Salzwasser
abbekommen, was zum Korrodieren der Alugussteile führte und zu
Kurzschlüssen der Überwachungssensoren. Die zwei kleinen, vorderen kann
ich zerlegen, aber bei der großen hinteren muss ich die
Befestigungsschrauben rausbohren, bevor ich zum Reinigen an die
Innereien komme. Alles ist voller Salzkristalle. Kein Wunder, dass die
Kochstellen nicht mehr richtig funktionieren wollten. Nach der
Generalreinigung flammen alle drei Stellen wieder perfekt auf und
bleiben brennen. Nur vorne rechts ich der Schalter für die Piezozündung
nicht mehr wiederzubeleben, als Abhilfe muss ich zusätzliche eine andere
Stelle zünden, dann startet auch diese mit. Kaum bin ich fertig und habe
das Werkzeug wieder verstaut, kommt mehr Wind auf, und ab 18:00 kann ich
endlich auch die Genua benutzen. Dies war wegen direktem achterlichen
Wind bisher nicht möglich, sie wäre nur wirkungslos hin- und
hergeschlagen. Segle mal wieder direkt bis vor die Einfahrt, zum
Einparken brauche ich nur zwanzig Minuten den Motor. Leinen fest um
19:35 in der Marina Pornichet (47 15'29''N, 2 20'53''W).
30.11.2013, Samstag, Pornichet.
Dies ist ein ausgesprochener
Touristenort, ein Hotel reiht sich ans andere, und das entlang der
ganzen großen Bucht, soweit das Auge reicht. Die Bucht besitzt
allerdings auch feinsten weißen Sandstrand, und sehr sauberes Wasser,
wie ich überhaupt an Frankreichs Küsten festgestellt habe. Jetzt
allerdings ist nichts los, vieles ist geschlossen und macht einen
verlassenen Eindruck – der französische Segler in Quiberon hatte mich
vorgewarnt. Am Abend habe ich mich in eine Crêperie eingeladen. Nach dem
Vorbild am Nachbartisch genieße ich ebenfalls zwei Crêpes, einmal mit
Lachs und einmal mit Honig und Mandeln.
01.12.2013, Sonntag, Pornichet.
Bin eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang (09:00) bereits beim Ablegen, Ziel ist die Insel d'Yeu mit der Stadt Port-Joinville. Gleich vor der Hafeneinfahrt werden die Segel gesetzt, allerdings ist der Wind eher schwach mit seinem einen Beaufort. Also wieder mal „stade Zeit“, die ich zum Fender- Aufpumpen nutze. Zwei brauchen allerdings eine Art Nadel, die ich nicht habe – ständig gibt’s irgendwas zum Nachkaufen! Im Laufe des Tages frischt der Wind auf vier Beaufort auf, und als ich um 16:00 in der Marina am ausgewiesenen Gästeponton anlege, nehme ich den einzigen freien Platz in Beschlag (46 43'38''N, 2 20'44''W). Alle anderen sind von einheimischen Fischerbooten belegt, offenbar wird nicht mehr mit „Gästen“ gerechnet. Auf mein mit Schwung und gewisser Perfektion ausgeführtes Anlagemanöver zwischen zwei Fischern bin ich ein bisschen stolz. Vor einem halben Jahr wäre das anders abgelaufen, ich habe doch etwas Gefühl für das Verhalten des Bootes entwickelt. Da der Wind das Boot auf den Ponton drückt, bin ich froh, mich am Tage um die Fender gekümmert zu haben. Ich unternehme einen ersten kurzen Stadtrundgang und verkleide mich dabei mit einem frischen Baguette unterm Arm als Franzose.
02.12.2013, Montag, Ile d'Yeu.
Komme mal wieder nicht aus den Federn und schaffe gerade noch die Touri- Info, bevor sie für Mittag schließt. Neben der Natur soll man Dolmen, Menhire und Burganlagen bewundern, also los. Bin allerdings zeitlich nur noch für einen halben Inselrundgang fähig, bevor die Dunkelheit einsetzt. Ich kann aber drei Dolmen und Le Calvaire des Marins, ein Denkmal für auf See Gebliebene, besichtigen.
03.12.2013, Dienstag, Ile d'Yeu.
Heute also zweiter Teil der Insel: die
Kirche Notre Dame du Port, das Fort de Pierre Levée, die Burgruine Le
Vieux Château, das kleine Hafenörtchen Port de la Meule, eine
prähistorische Stätte auf der Landzunge Pointe de la Tranche, die Kirche
von St.-Sauveur (leider wegen Renovierung geschlossen) und über den
Friedhof zurück zum Schiff.
04.12.2013, Mittwoch, Ile d'Yeu.
Heute bin ich mit dem Sonnenaufgang um 08:20 schon beim Ablegemanöver. Ziel ist La Rochelle, eine Strecke von ca. 65 Seemeilen, d.h.,es ist bereits Nacht, wenn ich dort ankomme. Aber der Tag bereitet herrliches Segeln unter Vollzeug, wenig Welle (ablandiger Wind!) und sonniger, wolkenloser Himmel. Leider ist es bereits stockdunkel, als ich unter der großen Brücke bei La Rochelle durchsegle, die auf die Insel Ré führt. Kurz darauf bereits die Marinaeinfahrt und um 20:45 sind die Festmacherleinen belegt (46 08'47''N, 1 10'06''W).
05.12.2013, Donnerstag, La Rochelle.
Nach meinem ausgeklügeltem Plan für die Fahrt nach Rochefort, welche eine Flussfahrt >mit< der Tidenströmung vorschreibt, sollte es reichen, wenn ich um 11:30 rausfahre. Vorher noch schnell auftanken, der Kieltank neigt sich dem Ende zu, obwohl ich versuche, den Motor sparsam einzusetzen. Aber mit dem „schnell“ hat's was: als ich wieder los will, geht das sehr zäh, und mir dämmert's und ich bekomme auch gleich die Bestätigung eines Büromitarbeiters: es herrscht ablaufende Tide, und mittlerweile ist das Wasser an der Tanke zu wenig, ich sitze auf! „C'est la vie“, wird mir beschieden, und bis 14:00 geht da jetzt nichts mehr. Toll, über die Zielverhältnisse weiß ich bestens Bescheid, aber über die Abfahrtsverhältnisse habe ich mich nicht gekümmert, schöner Mist. Mal nachschauen, wie viel Wasser tatsächlich verschwindet, und ob das Boot umkippen kann. Aber so schlimm ist's auch nicht, ich verzurre das Schiff ordentlich an der Tankstelle und habe jetzt doch Zeit, hier eine kleine Exkursion durchzuführen. In die Stadt selbst, da reicht die Zeit nicht, aber um die Residenzen rund um die Marina herumwandern, das geht. Dabei entdecke ich den Nachbau des ersten Leuchtfeuers vom Kap Horn, dem Phare du Bout du Monde, errichtet 1884. Dieser wird auch im Roman von Jules Verne erwähnt. Der Nachbau hier an der Hafeneinfahrt ist ebenfalls als Leuchtfeuer aktiv. Aufgrund meiner Verspätung segle ich heute eben nur noch bis zur Flussmündung und ankere vor der Insel d'Aix. Vor 14:00 sind schon ein paar andere Segler raus, und so sollte es auch bei mir jetzt klappen. Bis zur Insel sind es nur 11 Seemeilen. Der Wind wieder schwach, aber heute habe ich ausreichend Zeit, und so bin ich erst um 16:30 an dem für's Ankern ausgewiesenen Platz vor der Insel. Aber die haben hier viele Bojen ausgelegt, die äußeren sollten nicht trockenfallen. Ich verzurre mich an einer und harre der Dinge (46 00'15''N, 1 10'03''W). Zweimal an einem Tag aufsitzen muss jetzt nicht wirklich sein. Doch selbst bei Niedrigwasser ist noch gut ein Meter unter dem Kiel, ich kann beruhigt ins Bett.
06.12.2013, Freitag, Ile d'Aix.
Mache neue Berechnungen bzgl. der Tiden
im Fluss Charente. Also mit einlaufendem Wasser soll man rein, als
Yachtie aber nicht bei Dunkelheit, da man die Sandbänke dann nicht
sieht. So werde ich um 14:30 losfahren, dann sollte ich noch bei
Helligkeit an der Marinaschleuse ankommen. Laut meinen Unterlagen wird
ca. 19:30 geschleust, da wäre ich auf alle Fälle dort. Die Flussfahrt
über knapp 13 Seemeilen gestaltet sich sehr angenehm, am Ufer sind
zahlreiche Peilhilfen aufgestellt, die einem helfen, im richtigen
Fahrwasser unterwegs zu sein. Ich bin durch's Wasser nur mit knapp drei
Knoten unterwegs, am GPS lese ich gute sechs bis sieben Knoten über
Grund ab, da schiebt das einlaufende Wasser ganz schön den Fluss rauf.
Bereits bei der Anfahrt von Rochefort kann ich eine erste
Sehenswürdigkeit bewundern, nämlich die 1900 errichtete
Schwebefähre
Pont Transbordeur. Durch ihre hohe Konstruktion behindert sie den
Schiffsverkehr auf dem Fluss nicht. Sie ist die letzte bestehende Fähre
dieser Art in Frankreich und ist jetzt nur noch im Sommer für Radfahrer
und Wanderer in Betrieb. Um 17:15 bin ich am Warteponton vor der
Schleuse (45 56'32''N, 0 57'14''W), um 17:25 ist offizieller
Sonnenuntergang, das ist mal timing! Leider wird heute nicht mehr
geschleust, so bleibt es mir nicht erspart, wieder mal aufzusitzen,
diesmal im „Schlammbad“. Um Mitternacht ist es soweit, der tiefste
Wasserstand ist erreicht, und das Boot hat sich mal wieder nach vorne
geneigt, anstatt anständig normal aufrecht stehen zu bleiben. Aber das
kenne ich schon von den Scilly Islands.
07.12.2013, Samstag, Rochefort.
So wie sie gestern im Büro versprochen haben, öffnet sich heute die Schleuse um 08:15. Ein Schiff will raus, dann fahren wir zwei, ein weiterer Segler ist mittlerweile noch eingetroffen, in das Marinabassin. Hier werde ich Bec-Scie bis Silvester liegen lassen und nach Hause fahren, Weihnachten daheim feiern. Weitere Berichte sind also erst im Jahr 2014 zu erwarten! Bevor ich abreise, sind noch einige Wartungsarbeiten auf meiner Liste. Als erstes mache ich mich wieder mal über die diversen Roststellen, zuerst die rote Grundierung auftragen. Für Malerarbeiten sind die Temperaturen eigentlich zu nieder, aber ich will doch versuchen, die Ausmaße der Roststellen einzudämmen, auch auf die Gefahr, die gleichen Stellen nochmal bearbeiten zu dürfen.
08.12.2013, Sonntag, Rochefort.
Heute habe ich mir das Großsegel und die
Fock vorgenommen: jeweils nochmal hochgezogen und dann beim Runterlassen
ordentlich auf den Baum gefaltet und mit der Persenning abgedeckt.
Anschließend zum Bahnhof, mein vor Tagen per Internet bestelltes
Zugticket abholen. Ich wollte schon immer mal mit dem TGV fahren, und
die Heimreise von hier aus ist die Gelegenheit dazu. Danach durch die
Stadt Richtung Arsenal, dem ehemaligen Marinegelände. Dort wird ein
Nachbau der l'Hermione vor Publikum erstellt, 2015 soll er soweit fertig
sein, um die um 1770 durchgeführte Reise nach Amerika nachzusegeln. Am
Sonntag sind natürliche keine Handwerker zu sehen, nur deren verwaiste
Wirkungsstätten: Segelmacherei, Schmiede, Holzwerkstatt. Und das Schiff
selbst natürlich: es schwimmt bereits im Dock mit fertiggestellter
Takelage. Ich leiste mir eine Führung unter Deck, mal wieder nur in
französisch, und ich kann mehr raten als verstehen! Aber interessante
Eindrücke und Einblicke sind ohne Sprachbarrieren erhältlich. Ein paar
Daten: 25 Kilometer Tauwerk aller Art, 19 verschiedene Segel mit
insgesamt 2200 m² Fläche, das entspricht 9 Tennisplätzen, 400 Bäume
wurden verarbeitet und 35 Tonnen Eisenteile sind montiert. Länge über
alles 66 Meter, Rumpf 44 Meter, Breite 11 Meter, Tiefgang 5 Meter, Höhe
ab Wasserlinie 47 Meter, 32 Kanonen, die allein schon ein Gewicht von 63
Tonnen haben, und im Jahr 1780 wären 320 Mann an Bord (bei nur 2
Toiletten!).
Dies ist also für 2013 der letzte Bericht, so möchte ich hier allen treuen Lesern besinnliche Weihnachten wünschen und einen guten Rutsch ins 2014!
Bilder: Port Blanc, Herdreparatur, Pornichet, Le Vieux Château, auf dem Fluß Charente, Schwebefähre, Nachbau der l'Hermione.
Quiberon, am 27.11.2013. Endlich wieder Neuigkeiten aus der Seefahrt!
17.11.2013, Sonntag, St.Mary's, Scilly Islands.
Ablegen um 14:00.
Diesmal liegt es wenigstens nicht an mir, wenn's so spät geworden ist,
ich muss schließlich warten, bis genug Wasser unterm Kiel ist! Dann Kurs
Süd, um den Leuchtturm Bishop Rock noch aus der Nähe zu betrachten. Bin
jetzt bei hoher Tide hier, und da schaut rund um den Sockel des Turms
wirklich kaum noch Land, also eher zackige Felsen, hervor. So wird die
Behauptung, dies ist weltweit die kleinste bebaute Insel, schon stimmen,
kleiner geht gar nicht mehr. Weiter geht’s Richtung Süden mit leichter
Tendenz nach Ost, ich will das hier definierte Verkehrstrennungsgebiet
auf der Ostseite umfahren. Leider ist der Wind recht schwach, so starte
ich den Motor, um möglichst schnell die Ein- und Ausfahrten dieses
Gebiets hinter mich zu bringen, was um 20:25 geschafft ist. Wieder unter
Segeln bin ich eher gemütlich unterwegs, bei dem wenigen Wind bleibt
auch das Meer sehr ruhig, ich kann den von mir sogenannten großen
Ölservice erledigen. Am Montag um 11:00, ich habe ungefähr die Hälfte
der Strecke hinter mir, tausche ich die englische Gastlandflagge gegen
die französische.
Vor meinem Ziel, der Insel d'Ouessant, liegt wieder
ein Verkehrstrennungsgebiet. Diese Gebiete wurden für die
Großschifffahrt eingerichtet, meist um Kaps oder ähnlich gefährliche
Gebiete. Darin sind Einbahn- Fahrstraßen festgelegt, auf welchen die
Schiffe um die Kaps herumfahren müssen, es soll so vermieden werden,
dass es zu Kollisionen kommt. Die Sportschiffer sollen nicht durch diese
Gebiete fahren, deshalb werde ich dieses Gebiet östlich umfahren. Um
22:30 bin ich vorbei und habe mein Ziel schon fast vor Augen. Aber eben
nur fast: bin mal wieder zur Unzeit an einem Ort mit ordentlich Strom.
Um die Westspitze der Insel herum segle ich zwar bei mittlerweile
stürmischem Wind mit 5kn Richtung Süd, aber aufgrund des Stroms drifte
ich nach Westen weg, nach Süd keine Chance. Und die dazugehörenden
kurzen, steilen Wellen! Besonders bitter so kurz vor dem Ziel! Ich kann
jetzt nur „auf der Stelle“ segeln und abwarten, bis die Tide kippt. Aber
je mehr ich nach Westen drifte, um so schwächer wird der Strom, und
langsam komme ich nach Süd! Neuer Plan: soweit nach Süden segeln, dass
ich dann mit reinem Ostkurs (Schiff) und mithilfe des Stroms (Nord)
letztendlich auf Nordost- Kurs vor die Buchteinfahrt komme. Dieser Plan
gelingt, und am Dienstag um 05:00 kann ich den Anker fallen lassen (48
26'56''N, 5 06'01''W). Eigentlich sollten hier Festmachertonnen
vorhanden sein, aber die sind wohl über den Winter abgebaut, deshalb
ankern. Jetzt heißt es das stürmische Wetter abwarten, bevor ich mit
meinem Beiboot an Land kann. Nebenbei bemerkt für alle Sportschiffer:
das mit dem zweiten Anker ausbringen bei Sturm, das gehört wohl zum
Kreis der Märchen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie jemand bei nur 6
Bft., wie jetzt und hier, mit einem Beiboot gegen den Wind rudern will
und dabei auch noch eine Ankertrosse mitschleppt!
20.11.2013, Mittwoch, Ille d'Ouessant.
Der Wetterbericht verheißt nichts
neues: die Briten: NW 6 bis 8, Schauer, gelegentlich 9 in der Biscaya
(gehört die Insel schon dazu?), und die Franzosen: NW 7 bis 8, Böen.
Kein Wetter für eine Bootstour an Land. Da ich beim Ankern gestern in
der Nacht nicht gerade die günstigste Stelle gefunden habe, beschließe
ich, vor dem Dunkelwerden „umzuparken“. Also um 17:00 Anker auf und an
eine bessere Stelle motort. Dazu versuche ich, mit Motor und Autopilot
langsamste Fahrt gegen den Wind zu machen, während ich am Bug den Anker
hochwinsche. Wenn der Anker dann frei ist, heißt's flink sein, weil das
Boot sofort wegdriftet. Also schnell noch ein paar Winschumdrehungen,
dann zurück zum Steuer und das Boot auf Kurs gebracht. Dabei hängt der
Anker immer noch meterweise im Wasser. Natürlich setzt genau jetzt ein
starker Schauer ein, und ich als Brillenträger bin sogleich ziemlich
„blind“. Bis ich meine Brille wieder klar habe, navigiere ich in die
gefühlte richtige Richtung. Auf diesem Weg liegt leider eine Boje, die
einzige auf hunderte von Metern im Umkreis, in die ich mich prompt
verheddere, ich hänge irgendwie dran fest, mit dem Heck gegen den Wind,
der Motor ist auch abgestorben. Zuerst versuche ich, mit meinem kleinen
Beiboot- Anker die Boje per Wurf zu erwischen, um eine ordentliche
Leinenverbindung herzustellen. Zu allem Überfluss komme ich bei einem
missglücktem Wurf mit dem kleinen Anker dem Flügelrad des Windgenerators
zu nahe, eine Flügel bricht weg, der Rest rotiert in fürchterlicher
Unwucht. Muss diesen erst mal stoppen. Als nächstes mache ich den
Zweitanker klar zum Fallen, da ich nicht weiß, wie „sicher“ ich an
dieser Boje hänge, und was mit der Maschine und dem Hauptanker ist.
Danach übe ich mich wieder in Ankerweitwurf. Plötzlich macht sich das
Boot frei. Jetzt schnell den zweiten Anker über Bord und entsprechend
Trosse nachlassen. Ich merke, dass der Hauptanker auch frei ist, so
lasse ich diesen auch gleich in die Tiefe. Kurz vor einer Muschelzucht
komme ich zum Stillstand. Mal sehen, was mit der Maschine los ist. Erst
drehe ich den Motor in eingekuppelten Zustand per Hand durch, vorwärts
und rückwärts, um zu sehen, ob irgendwas die Schraube blockiert. Soweit
alles in Ordnung. Das Ganze noch mit laufendem Motor: gibt’s
Vibrationen, hat die Schraube was abbekommen? Aber auch hier Entwarnung.
Also zurück zum eigentlichen Plan, einen besseren Ankerplatz
aufzusuchen, dringender wie am Anfang: hier vor der Muschelzucht herum
zu schaukeln ist wirklich ein schlechter Platz. Nur habe ich nun zwei
Anker heraufzuholen, bevor ich hier weg kann. Mit Motorhilfe und
Autopilot das Boot gegen den Wind gestellt und mit minimaler Fahrt
vorwärts, berge ich beide Anker, und endlich kann ich meinem am
Spätnachmittags ausgesuchten Ankerplatz ansteuern. Schon um 22:00 (!)
bin ich wieder fest vor Anker (48 27'01''N, 5 06'05''W) und halbwegs
zufrieden: diese missglückte Aktion ging bis auf das zerstörte
Flügelblatt des Windgenerators glimpflich aus, und dafür habe ich Ersatz
dabei.
21.11.2013, Donnerstag, Ille d'Ouessant.
Der Wind ist etwas abgeflaut, so versuche ich einen Landausflug. Also Beiboot aufgebaut, den kleinen E-Motor montiert, und los geht’s. Allerdings nicht Richtung Land, sondern mit dem Wind in die entgegengesetzte Richtung! Der Motor ist einfach zu schwach für diesen Gegenwind. Mit Mühe gelingt es mir, mich im Windschatten des „Mutterschiffs“ dahin zurückzukämpfen. War jetzt nicht wirklich gefährlich, ich wäre halt an die gegenüberliegende Seite der Bucht angetrieben. Ich bringe den E-Motor wieder an Bord, das Beiboot lasse ich am Heck angebunden, eventuell klappt es morgen. Beim Versuch, den Windgenerator zu reparieren, stellt sich heraus, das das Flügelrad auf seiner Achse festsitzt, ich kann es nicht abziehen. Und bei dem Geschaukel will ich nicht riskieren, irgendetwas im Meer zu versenken, also Reparatur verschoben.
22.11.2013, Freitag, Ille d'Ouessant.
Wetterverhältnisse immer noch
gleich, also nichts mit Landausflug. Ich lasse es dabei und mache mich
fertig zur Abfahrt. 10:25 ankerauf, Ziel ist Camaret-sur-Mer, ein
„Katzensprung“ von 30 Seemeilen. Windvorhersage sollte passen: N oder NO
5-6, später 4. Ich komme am Leuchtturm La Jument vorbei, er markiert die
südwestliche Ausdehnung der Untiefen, die um die Insel existieren.
Dieser Leuchtturm ist auf einer berühmten Fotografie zu sehen, wo sich
eine riesige Welle an der Rückseite bricht und auf der Vorderseite ein
Mann in der offenen Tür steht. Die Geschichte ist, der Wärter hörte den
Hubschrauber des Fotografen und und ging vor die Tür, um nachzusehen.
Allerdings bemerkte er das drohende Unheil und verschwand blitzschnell
wieder in seinem Turm. Zurück zur Tagestour: habe mal wieder das „oder“
im Wetterbericht erwischt: mit NO komme ich nicht Richtung Ziel, ich
muss die letzten zwei Stunden mit Motor fahren, aber um 16:30 ist es
geschafft: Leinen fest in Camaret-sur-Mer (48 16'45''N, 4 35'46''W).
Gleich nach der Ankunft suche ich einen Laden, wo ich meine Seekarten um
die französische Küste erweitern kann und erstehe vier Stück bis La
Rochelle.
23.11.2013, Samstag, Camaret-sur-Mer.
Heute steht als Erstes die
Reparatur des Windgenerators auf dem Plan. In ein kräftiges Stück Alu-
Winkel schneide ich ein M8- Gewinde für meine längste Schraube, diesen
Winkel dann mit Leinen an der Nabe des Flügelrades montiert, so habe ich
einen behelfsmäßigen Abzieher gebastelt. Mit dem Eindrehen der Schraube
zieht sich tatsächlich Stück für Stück die Nabe von der Achse, und bald
ist das Flügelrad frei. Ich setze meine beiden Ersatzblätter ein, ich
hoffe, dass das günstig ist gegen Vibrationen aufgrund von Unwuchten.
Nach Reinigen und Fetten der Nabe und Achse montiere ich das Flügelrad
wieder und ein erster Test ist erfolgreich: keine spürbaren Vibrationen,
und ich bin unterwegs wieder mit Strom versorgt. Danach ein Ausflug zu
einem nahegelegenen Menhir- Feld. Als ich dieses erreiche, schießt es
mir durch den Kopf: hier warst du schon mal, auf der Bretagne- Reise mit
Klaus vor ungefähr 15 Jahren! Und auch die nahegelegene kleine
Schlossruine hatten wir damals besichtigt. Am Strand entlang stehen
diverse Bunker- und Geschützanlagen des Atlantikwalls, das Museum, das
in einem der Bunker eingerichtet ist, hat leider Winterpause.
24.11.2013, Sonntag, Camaret-sur-Mer.
Weiter geht es, um 09:10 ablegen,
das ist eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang! Ziemlich früh für mich
Langschläfer, aber der Tidenkalender ist bestimmend. Das heutige Ziel
ist Concarneau. Ich hatte mir gestern Abend noch einen Plan zurecht
gerechnet, wann ich wo sein soll, bezüglich der Strömungen um die Kaps,
und ich bin fast auf die Minute an den jeweiligen Etappenpunkten.
Spätnachmittags spielen mal wieder ein paar Delfine ums Boot. Mit den
gemäßigten Winden von zwei oder drei Beaufort erlebe ich heute einen
perfekten Segeltag, nur die Sonne könnte mal wieder zum Vorschein
kommen! Um 21:40 bin ich nach einer verwinkelten Hafenzufahrt fest am
Marina- Ponton in Concarneau (47 52'14''N, 3 54'49''W). Irgendwann im
Lauf des Tages habe ich die 5500ste Seemeile zurückgelegt und heute für
Hafenmanöver nicht mal eine Stunde den Motor benutzt.
25.11.2013, Montag, Concarneau.
Heute Hafentag, ich besuche die „Ville
Close“, ein auf einer Insel erbautes und mit Wallanlagen stark
befestigtes Örtchen. Heute ist es mit einer Brücke zugänglich und
beherbergt Restaurants, Ateliers und Museen und ist so was wie die
Altstadt von Concarneau. Viele Straßencafe's, Bars, Restaurants und
Hotels haben bereits Winterpause, auch dieser Ort ist wie viele
Küstenorte stark vom Tourismus geprägt und in gewisser Weise abhängig,
die Fischerei ist rückläufig und andere Erwerbsquellen sind rar.
26.11.2013, Dienstag, Concarneau. Wieder früher Aufbruch: 08:50, den
mittlerweile sehr kurzen Tagen geschuldet. Das heutige Ziel ist Quiberon
und dort die Marina Port Haliguen. Davor gilt es, die Passage de la
Teignouse zu durchfahren, diese weist einen Weg durch die Untiefen, die
sich südlich vor der Halbinsel von Quiberon nach der Belle-Ile-en-Mer
erstrecken. Ich möchte einen für mich kürzeren Weg nutzen und dafür
sollte ich vor Dunkelheit an der Passage ankommen, denn die Seezeichen
für meine Einfahrt sind nicht befeuert. Erst nach der Hälfte der Passage
werde ich auf die befeuerte Route treffen. Trotz GPS gibt mir ein
Seezeichen, das an der richtigen Stelle auftaucht, Sicherheit. Auf dem
weg zur Passage darf ich wieder einen Klasse Segeltag erleben, diesmal
sogar mit etwas Sonne. Nur zur Passage will der Wind nicht richtig
passen, aber so mit „Hängen und Würgen“ quetsche ich mich durch. Nach
einer weiteren Seemeile dann Wende und Kurs auf den weißen Sektor des
Marina- Leuchtfeuers, das ich jetzt ausmachen kann. So ein Sektoren-
Feuer ist im wahrsten Sinn des Wortes richtungsweisend: kommt man aus
dem sicheren, weißen Sektor heraus, sieht man rotes Licht und man sollte
schauen, in den weißen Sektor zurückzukommen. Alles natürlich in
Verbindung mit der Seekarte. Nach Concarneau rein z.B. waren drei
Sektorenfeuer so „verschachtelt“, dass man die winkelige Zufahrt nur
mithilfe der Seekarte heraussehen konnte. Aber zurück zur
Hafenansteuerung: erst unmittelbar vor der Hafeneinfahrt berge ich die
Segel und um 19:35 erfolgt der Logbucheintrag: Leinen fest in Quiberon
(47 29'21''N, 3 06'03''W).
Soweit für dieses Mal !
Bilder: kleinste bebaute Insel, unerreichter Ort auf Ouessant, Camaret-sur-Mer, Reparatur Windgenerator, Abendstimmung bei Camaret, Menhire bei Camaret, Concarneau - Eingang zur Ville Close